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Gedanken zum Palmsonntag 21

Wie war es wohl damals, als die Nachricht wie ein Lauffeuer durch die Königsstadt Jerusalem ging, Jesus und seine Mannen seien auf dem Weg in die Stadt und nicht mehr weit weg von ihr? Sicherlich haben sich vor allem die, die auf eine ähnliche Befreiung warteten wie die jüdischen Sklaven aus dem Sklavenhaus Ägypten, gegenseitig animiert: „Auf, ziehen wir ihm entgegen, unserem Befreier, dem Messias.“

Wahrscheinlich hat Jesus sich seinen Weg durch die Massen bahnen müssen; und von überall her klang es: Hosianna dem Sohne Davids!“ Der eine oder andere wird aber auch stutzig geworden sein: Der Meister – auf einem Esel?

Auch wir steigen heuer etwas anders in die Feier ein: keine Prozession, keine lange Statio mit der Verkündigung des Evangeliums. Wir segnen (für die, die draußen vor der Kirche warten, die Palmzweige und Gebinde) und gehen dann in die Kirche. Mit der zweiten Oration weihen wir auch die grünen Zweige – wie es im Gebet heißt – in den Händen der Beter. Welche Gefühle verbinden Sie damit? Brauchtum, Tradition? Ja, aber das darf ja auch sein! Wir geben mit diesem Brauchtum von Generation zu Generation weiter, dass der Segen, den wir letztendlich auf den Erlöser Jesus Christus zurückführen, nicht nur an und in der Kirche ausgeteilt wird, wir nehmen ihn vielmehr in unsere eigenen vier Wände mit nach Hause. Und so wünsche ich Ihnen, dass mit den Palmzweigen der Schutz und Segen in dieser so schrecklichen Pandemie-Zeit in Ihren Häusern sich ausbreitet und Sie schützt und vor Unheil bewahrt!!

 

Anmerkungen zur Markus-Passion:

Der Evangelist Markus trägt die Mosaiksteinchen zusammen, die zusammengefügt zur Passion Jesu führten. Wie Schalen einer Zwiebel lösen sich dabei Beziehung um Beziehung, bis hin zum Kreuz, wo er nur noch den Vater als Ziel seines Gebetes und seiner Geistübergabe hat. War es der Wille des Vaters, der auf einer Wiedergutmachung des Sündenfalls Adams und Evas bestand? Oder war es eher die Freiheit, die er seinem Ebenbild, dem Menschen, gelassen hat, sich für oder gegen das Böse zu entscheiden? Jedenfalls wird es um Jesus immer einsamer.

Da ist der Hohe Rat, alle Hohenpriester, die Ältesten und die Schriftgelehrten – die meisten aus dem Kreis der Sadduzäer, wollen Jesus, den Aufrührer, los werden; mit seinen eigenen Worten überführen sie ihn der Gotteslästerung; am Morgen fällen sie das Todesurteil, das sie aber nicht ausführen dürfen. Deshalb bringen sie ihn zu Pontius Pilatus, dem römischen Prokurator. Sehr schnell durchschaut er ihre Motivation (Neid) und ihr Vorhaben, ihn als politischen Kontrahenten hinzustellen; deshalb versucht er, mit ihnen zu spielen, bis er sich in seinem eigenen Ränkespiel verheddert: „Wenn du ihn freilässt, bist du kein Freund des Kaisers; jeder, der sich als König ausgibt, lehnt sich gegen den Kaiser auf.“ (Joh 18,12) Um seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, „gab er den Befehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen,“ nachdem er vorher einen Schwerverbrecher an seiner Stelle freigelassen hat. In der Aufschrift am Kreuz rächt er sich nochmals an den Juden, indem er Jesus in der hebräischen Sprache als „Messias“ bezeichnet. So dient Jesus nochmals als Medium des Spotts – ähnlich wie bei den Soldaten.

Und seine Jünger? Eigentlich waren sie in der Abendmahlsfeier auf die folgende Katastrophe vorbereitet worden; doch sie erkannten sie nicht und schliefen, schliefen, schliefen – auch die Säulen Petrus, Jakobus, Johannes.

Petrus hatte vorher noch beteuert, mit ihm sogar in den Tod gehen zu wollen; doch dann rettet er seine eigene Haut, indem er den Meister dreimal verleugnet, ehe der Hahn zweimal kräht. Und Judas Iskariot? Dass er so leicht käuflich ist, sagt viel über seinen Charakter, seine Verstocktheit aus: Zuwendung und Beziehungen erreichen sein Herz nicht – im Unterschied zur Frau in Betanien, die aus Liebe Jesus mit teurem Öl salbt. Jesus setzt ihr ein Denkmal: „Überall auf der Welt, wo das Evangelium verkündet wird, wird man sich an sie erinnern und erzählen, was sie getan hat.“ (Mk 14,9)

Aber am Kreuz ist Jesus nur noch von Spöttern und Schaulustigen umgeben. Mit den Anfangsworten aus Ps 22 schreit er seine Einsamkeit und Verlassenheit seinem Vater entgegen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage?“

Ob er den Ps 22 bis zu den Versen 24 und 25 gebetet hat, die ihn wohl trösteten und Kraft schenkten: „Die ihr den Herrn fürchtet, preist ihn, ihr alle vom Stamm Jakobs, rühmt ihn; erschauert alle vor ihm, ihr Nachkommen Israels! Denn er hat nicht verachtet, nicht verabscheut das Elend des Armen. Er verbirgt sein Gesicht nicht vor ihm; er hat auf sein Schreien gehört.“ Jesu Auferstehung wird diese Hoffnung bestätigen – und, so hoffe ich, all jenen Trost und Zuversicht schenken, die wie unser Herr sich ihrem Elend hingeben müssen.